3. Ein nicht ganz gewöhnlicher Bauerngarten
Bienenhaus, 2002
Während der Speicher an seiner Südgrenze verschwunden ist, lebt der im Klosterurbar erwähnte Krautgarten im heutigen Garten südlich des Hauses fort. Er wurde allerdings von Heinrich Kofel (*1846), der das Haus bis 1929 besass und ein ausgesprochener Gartenliebhaber gewesen sein soll, gründlich umgestaltet. Seine Gartenanlage wurde nach Ersteigerung des Hauses durch Matthias Schlatter (*1891) weitgehend beibehalten und ist heute noch ansatzweise erkennbar.
Auf Heinrich Kofel soll der schmiedeiserne Gartenzaun zurückgehen, der den Garten nach Süden abgrenzt. Den terrassierten Abgang in den Garten begrenzte er mit einem breiten Blumenband. Ein auf die Treppe zum Haus ausgerichteter Gartenweg teilte das darunterliegende Gelände in einen westlichen Nutz- und einen östlichen Zierbereich; in Hausnähe flankierten kegelförmig zugeschnittene Eibenbäumchen den Weg. Im oberen Nutzbereich, auf der Seite von Stall und Speicher, liess Kofel ein sehr hübsches und dekoratives Bienenhaus aus Holz aufstellen, das im Laubsägelistil der Jahrhundertwende geschreinert war; darunter folgte der von gekiesten Gehwegen eingefasste Nutzgarten. Im Zierbereich legte er ovale Beete an, in die er schöne und damals eher seltene Blumen pflanzte, die er in einem südlich der Trotte stehenden heizbaren Glashaus, dem damals einzigen und vielbestaunten seiner Art im ganzen Dorf, zumeist selber gezogen hatte. Eine Reihe von Rosenbäumchen schloss den Garten nach Süden ab. Bienenhäuschen und Glastreibhaus wurden im Verzeichnis der Brandversicherung erstmals 1921 als "neu vollendet" aufgeführt. Ob das wirklich das tatsächliche Erstellungsdatum war, mag mit einem Fragezeichen versehen werden, da Heinrich Kofel damals bereits 75 Jahre alt war und insbesondere der Stil des Bienenhäuschens eine um ein paar Jahre frühere Entstehung vermuten lässt.
Gartenpavillon, 2002
Das Herz des Ziergartens war aber ein kleiner luftiger Gartenpavillon mit einem pagodenartigen Dach aus Eisenblech, den Kofel auf ein kleines Hügelchen setzen liess, zu dem hinauf ein paar grob behauene verwitterte Sandsteinstufen führen. Am Fusse dieses Hügelchens, grottenartig von rustikalen Steinen eingefasst, lag einst ein kleiner Teich mit einem aus fünf verschiedenen Röhren gespiesenen Wasserspiel. Diesen Gartenpavillon, auch er in der Art der Jahrhundertwende, soll der Otelfinger Kupferschmied Oskar Schibli für Heinrich Kofel sozusagen als Morgengabe für eine in dessen Haus lebende Tochter oder Magd gefertigt haben.
Während das Bienenhäuschen und auch der Gartenpavillon noch heute stehen, wurde das Glastreibhaus Anfang der Dreissiger Jahre Opfer eines schlafwandelnden Knechts aus der benachbarten Mühle, der nach der nächtlichen Kollision nebst Scherben seinen Hausschuh am Tatort hinterliess.
Erika Feier Erni
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