Da aber Klosterbesitz im Mittelalter eigenem Recht unterstand, konnten auch die Klöster Tavernenrecht vergeben. So hatte in Otelfingen der Lehenshof Ueli Heinis Höfli des Klosters Wettingen spätestens seit 1576 das Tavernenrecht, durfte also neben Weinausschank auch warme Speisen und Beherbergung von Mensch und Pferd anbieten. Das Tavernenrecht war an das Haus gebunden und implizierte neben dem Recht auf einen Tavernennamen und ein Wirtshausschild auch Preisvorschriften, Kontrollen, Regelungen der Öffnungszeiten und der Abgaben. Wie lange in Ueli Heinis Höfli das Tavernenrecht auch tatsächlich ausgeübt wurde, ist unbekannt. Ob auch andere Klöster mit Otelfinger Grundbesitz hier eine Taverne besassen, ist noch nicht ausreichend untersucht; insbesondere noch offen ist die Frage betreffend der sog. Herrenstube.
Es ist anzunehmen, dass es auch in Otelfingen Weinschenken gab, da hier praktisch jedermann über eigene Reben verfügte; so soll Heinrich Pfister in seinem um 1770 im Unterdorf erbauten Haus bereits im ausgehenden 18. Jahrhundert eine Weinschenke betrieben haben.
Danach verfügte Otelfingen auch 1804 über keine Taverne und nur über eine einzige Weinschenke. Es war die des Heinrich Pfister unten im Dorf, an der ehemaligen Hubgasse, der heutigen Landstrasse 19. Pfister wurde 1806 von seinem Schwiegersohn Johannes Gross abgelöst, der in der Folge bis 1834 als Wirt tätig war.
Mit einiger Überraschung ist den Quellen zu entnehmen, dass er diese Schenke nicht im Neubau, sondern im Haus mit der alten Assekuranznummer 34a schräg vis-à-vis ansiedelte, das, wie bereits dargelegt, schon im 18. Jahrhundert «Neuhaus» geheissen hatte.
Es war das Haus, das Hans Rudolf Bopp, der selbst im Sterberegister als «Neuhäusler» bezeichnet wurde, von seinem Vater geerbt, bis zu seinem Tode bewohnt und in dem seine Witwe lebenslängliches Wohnrecht hatte.
Da Weinschenken keine besonderen Investitionen erforderten und ihre Patente bis 1834 alle drei Jahre, danach alle Jahre erneuert werden mussten, war der schnelle Wechsel nicht aussergewöhnlich und eine Folge der neuen Gewerbefreiheit. 1834 trat ein neues Gesetz betreffend Weinschenk- und Speisepatente in Kraft, welches gegen entsprechende Abgaben den Weinschenken die Verköstigung der Gäste mit warmen Speisen erlaubte; dadurch wurden die Weinschenken gegenüber den Tavernen aufgewertet. In Otelfingen nutzte 1840 erstmals Jakob Surber diese Möglichkeit und führte fortan eine Weinschenke mit warmer Küche; Hans Rudolf Bopp im Neuhaus blieb bei seiner reinen Weinschenke.
