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Otelfingen, Jelmoli Lager- und Bürohaus

5. Exkurse

Biografische Daten zu Roland Rohn

1905 in Sterkrade (D) geboren, studierte Rohn 1924-28 bei Gustav Gull und Karl Moser an der ETH in Zürich. 1930-32 arbeitete er bei Otto Rudolf Salvisberg, dann gründete er sein eigenes Architekturbüro. Erste Erfolge hatte er mit Schulhausbauten, u.a. Buhrain in Zürich-Seebach (1933/34), Sekundarschule Zürich-Höngg (Wettbewerb 1933), Manegg in Zürich-Wollishofen (1934/35), Saal und Schulhausbauten in Zofingen (Wettbewerb 1935, ausgeführt 1956-58) und Kollegienhaus der Uni Basel (Wettbewerb 1932/33, Ausführung 1937/39). 1935 wurde Rohn in den Bund Schweizer Architekten (BSA) aufgenommen. Für die Landi 1939 schuf er den vielbeachteten Elektrizitätspavillon. Nach dem Tod von Salvisberg 1940 übernahm er dessen Büro und wurde 1941 in dessen Nachfolge Hausarchitekt der Hoffmann-La Roche, für die er deren Forschungs- und Verwaltungszentrum neu und einheitlich konzipierte und inklusive Bürohochhaus ausführte (1947-71). Rohn avancierte rasch zum gefragten Architekten der Schweizer Industrie- und Geschäftskreise und realisierte in der Folge die Firmenbauten der Bestklassierten wie z.B. Brown Boveri in Baden (1942-58) und Birrfeld (1957-60), Schweiz. Bankverein in Zürich (1956), Dätwiler AG Altdorf (1946-66), Schindler Aufzüge in Ebikon (1953-57), Zellweger AG Uster (1959-61), Reisebüro der Bank Leu, Zürich (1961/62), daneben aber auch öffentliche Bauten wie das Triemli-Spital in Zürich (Architektengemeinschaft mit E.Schindler, R.Hässig, R. Joss, 1962-1970) und das Casino Zürich-Horn (Projekt 1937, Ausführung 1961/64). Erstaufträge mündeten häufig in langjährige Auftragsverhältnisse, so auch bei Jelmoli SA, für deren Mutterhaus in Zürich er seit 1947 tätig war (Aufstockung Uraniastrasse 1947/48, Eingang Seidengasse Uraniastrasse 1958-1961 und das Lager- und Bürogebäude in Otelfingen 1965 -1967).

Rohn gab nicht nur dem Schulhaus der Vorkriegszeit neue Impulse, sondern prägte auch den Industrie-, Gewerbe- und Schullbau der 50er und 60er Jahre des 20. Jahrhunderts durch seine klare, rationale Formenssprache; dementsprechend erhielt er auch die Auszeichnung für gute Bauten der Stadt Zürich. Selbstverständlich für ihn war die Anpassung seiner Bauten an vorbestehende, was ihm oft den Vorwurf einer mangelnden Selbstständigkeit eintrug, ebenso selbstverständlich auch das Bemühen um möglichst gute Einbindung in die landschaftliche Umgebung. Als sehr erfolgreicher Vertreter einer gemässigten Moderne starb Roland Rohn 1971 in Zürich.

Daten aus der Jelmoli - Firmengeschichte

1833 liess sich Johann Peter Jelmoli-Ciolina (1794-1860) von Tocano/Italien, der durch seine Frau zu einer Dynastie von italienischen Kaufleuten gehörte, in Zürich nieder und eröffnete noch im gleichen Jahr an der Schipfe das erste ständige Modewaren-Geschäft. Er war erfolgreich und konnte schon 1837 seinen Laden an den Münsterplatz, die feine Geschäftsadresse von damals, verlegen. Jelmoli & Comp, wie das Geschäft seit 1849 hiess, hatte als erstes feste Preise eingeführt und lieferte seine Waren auch auf Grund von schriftlichen Bestellungen; der Grundstein zum Versandhandel war damit gelegt. 1897 erschien der erste Katalog.

Seit den 1880er Jahren planten die Nachfahren Jelmolis, ihr Modehaus nach französischem Beispiel zu erweitern. Sie wandelten die Jelmoli & Comp. 1896 in eine Aktiengesellschaft um, verkauften das Anwesen am Münsterplatz und liessen die Architekten Stadler & Usteri 1898/99 auf dem Areal der Seidenhöfe, dem heutigen Standort in der Nähe des Bahnhofs, den «Glaspalast» erbauen; les Grands Magasins Jelmoli SA wurden damit auf der Stelle zur architektonischen Sehenswürdigkeit der Stadt Zürich. Dem Wachstum des Warenhauses entsprachen seine bauliche Erweiterungsphasen: erste Erweiterungen um wenige Achsen 1907 und nochmals 1927, dann die Erweiterung 1931/32 und 1936/37 durch Otto Pfleghard, wobei für die Fassadengestaltung mit dem markanten Jelmoli-Turm der Pariser Architekt J.P. Mongeaud zugezogen wurde. In einer dritten Bauetappe 1947/48 war es Architekt Roland Rohn, der einen eingeschossigen Bauteil an der Uraniastrasse aufstockte und 1958/61, in einer vierten Bauetappe, mit dem Ergänzungsbau Uraniastrasse/Seidengasse samt dem zweiten Haupteingang an der Ecke Seidengasse/Sihlstrasse den Baublock vervollständigte. 1954 hatte der Aufbau eines Filialnetzes mit über 50 Warenhäusern in der ganzen Schweiz begonnen; dies machte u.a. das zentrale Lagerhaus in Otelfingen für ihre Belieferung zwingend notwendig. In den 70er Jahren investierten die Jelmoli SA in den Aufbau von Dienstleistungen, vom Reisebüro über eine Restaurantkette zu einem Chemisch-Reinigungsgeschäft. Wie andere typische Warenhäuser wurden auch die Jelmoli SA durch die Konkurrenz der aufkommenden Supermärkte und Discounter auf der einen Seite und der Boutiquen auf der anderen Seite zunehmend bedrängt. Mit der Gründung der Jelmoli Holding AG und der Übernahme einer Fachhandelskette für Elektrogeräte, der Dipl.Ing.Fust AG, suchte sich die Jelmoli SA 1994 neu zu positionieren.

1995 wurde der Warenhauskonzern wegen Finanzknappheit des damaligen Besitzers, der Basler Handelsgesellschaft UTC, zerschlagen; nur noch das Warenhaus in der Zürcher City blieb als solches weiter bestehen. Der Jelmoli - Versandhandel wurde mit der deutschen Heine Versand zusammengelegt und wird zurzeit noch vom Lagerhaus in Otelfingen betrieben. Seither bestimmten Übernahmen und Verkäufe von Beteiligungen mit unterschiedlichem Erfolg den Geschäftsgang.

Kurz vor Abschluss der vorliegenden Arbeit über das Jelmoli - Lagerhaus meldete die Presse am 31. Juli 2007, dass die Jelmoli Holding AG ihre Immobilien für 3.4 Milliarden Franken verkauft hat; nur das Warenhaus in der City ist vorläufig vom Verkauf ausgenommen und soll den Namen Jelmoli als Marke behalten können. Der Jelmoli -Konzern, der fortan nur noch als Investmentgesellschaft tätig sein wird, gibt den Namen Jelmoli auf. Die Ära der Grands - Magasins Jelmoli SA, die in Otelfingen so gewichtige Spuren hinterlassen hat, ist damit abgeschlossen.

©Erika Feier-Erni, August 2007


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