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Otelfingen, Pfarrhaus
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1. Der Pfarrhausbau von 1633 und seine Finanzierung.

Ansicht von Südwest, 2000
Vor der Reformation war Otelfingen kirchgenössig nach Würenlos; der dortige Leutpriester war auch zuständig für die Betreuung des Otelfinger Kirchenvolkes, das weder einen eigenen Pfarrer noch ein Pfarrhaus noch eine eigene Pfarrkirche, sondern nur eine Kapelle für die Andacht und kleinere Verrichtungen hatte. Kollator der Kirche Würenlos war das Kloster Wettingen, welches auch das Patronat der Kapelle in Otelfingen innehatte. Das Kloster Wettingen erhielt die kirchlichen Einnahmen aus allen zum Kirchensprengel Würenlos gehörigen Gemeinden, also auch aus Otelfingen, war aber im Gegenzug für Bau und Unterhalt der kirchlichen Bauten sowie für den Lohn des von ihm eingesetzten Leutpriesters verantwortlich.

Diese Rechte und Pflichten des Klosters überdauerten die Umwälzungen der Reformation. Als Otelfingen 1533 zur reformierten Pfarrei mit einem eigenen Pfarrer mutierte, war es das Kloster Wettingen, das für die Entlöhnung des nunmehr reformierten Geistlichen in Otelfingen aufzukommen hatte und ebenso für Bau und Unterhalt des dortigen Pfarrhauses.

Gemäss Bauinschrift über dem Kellerportal entstand das heutige Pfarrhaus in Otelfingen 1633. Das "klein Gütli", das die Otelfinger 1533 in den Wirren der Reformation dem aus Würenlos geflohenen Pfarrer zur Verfügung gestellt hatten, war wohl baufällig und zu klein geworden, weshalb die Zürcher Regierung den Bau eines neuen Pfarrhauses als notwendig erachtete. Immerhin hatte der derzeitige Pfarrer Felix Tobler eine ansehnliche Herde zu betreuen. Gemäss seiner Aufstellung waren es 1638 in Otelfingen und Boppelsen 360 Seelen, davon 230 "Communikanten", d.h. Teilnehmer am Abendmahl, in Würenlos mit Kempfhof, Hüttikon, Oetlikon und Oetwil 361 Seelen, wovon 203 "Communikanten".

Ansicht von Nord, 2004
Beachtlich waren auch die Kosten des neuen Pfarrhauses, nämlich 2500 Gulden. Vorfinanziert wurde der Bau von Zürich, und die Bausumme war in jährlichen Raten von 200 Gulden, ohne Zins, vom Kloster Wettingen als Inhaber der Kollatur abzuzahlen. Gemäss Vertrag von 1649 sollte das Kloster nach Zahlung dieser 2500 Gulden von zukünftigen Unterhaltspflichten für Pfarrhaus und Kirche in Otelfingen befreit sein, und überdies sollte es fortan "in alle Ewigkeit" wieder in den Genuss des Neugrützehnten kommen, den die Zürcher Regierung für den Otelfinger Pfarrer beschlagnahmt hatte. Betreffend das mit der Kollatur verbundene Recht zur Pfarrerwahl hatten sich Wettingen und Zürich bereits 1585 dahingehend geeinigt, dass die Obrigkeit von Zürich dem Kloster jeweils einen Dreiervorschlag unterbreitete, aus dem das Kloster den ihm genehmen Kandidaten zum Pfarrer kürte.. Zumal im Grenzgebiet zwischen katholischen und reformierten Gegenden hatte sich offensichtlich ein pragmatischer Umgang eingependelt.

Vertrag zum Pfarrhausbau, 1649, Detail
Dennoch lief die Finanzierung des Otelfinger Pfarrhauses nicht ganz glatt ab. 1654 versuchte das Kloster Wettingen, das seine Abzahlungsraten für den Neubau noch immer nicht fertig abgestottert hatte, die Gesamtsumme nachträglich mit Hinweis auf geliefertes Bauholz von 2500 auf 2000 Gulden zu senken. Eine zusätzliche Herabsetzung um 200 Gulden forderte das Kloster, weil sein Amtmann im Wettingerhof in Zürich 1652 auf Druck des Zürcher Rats eine Busse in gleicher Höhe hatte übernehmen müssen, die der Badener Landvogt über die Bauern von Hüttikon verhängt hatte. Sie waren bestraft worden, weil sie unter Rädelsführer Hauptmann Schlatter von Otelfingen handgreiflich geworden waren, als das Kloster Wettingen den Markwalderhof in Hüttikon gekauft und einen eigenen Lehnsherrn darauf gesetzt hatte, wodurch sie gleichermassen ihr wirtschaftliches Interesse wie das konfessionelle Gleichgewicht verletzt sahen. Noch nach dem 1. Villmergerkrieg 1656 hatte Wettingen beim Obmannamt Zürich eine Restschuld von 400 Gulden für das Pfarrhaus Otelfingen.

Wie das neuerbaute Pfarrhaus 1633 ausgesehen hat, ist nicht überliefert. Die Bedingungen, unter denen der Pfarrer angestellt war, dürften aber die Gestaltung des Bauwerks wesentlich beeinflusst haben.

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