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Otelfingen, Pfarrhaus

3. Die weitere Geschichte des Pfarrhauses bis 1852

Das 18. Jahrhundert

Gemäss dem Abkommen von 1649 mit dem Kloster Wettingen hatte nach dem Bau des Pfarrhauses die Zürcher Obrigkeit für dessen Unterhalt aufzukommen. Aus der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts hat sich eine recht intensive Korrespondenz zwischen dem jeweiligen Pfarrer und der Regierung in Zürich über anstehende Reparaturen erhalten, die einige Rückschlüsse auf das Pfarrhaus zulassen.

1745 wurde das Pfarrhaus überholt, indem alle Dächer neu gedeckt und neue Windladen angebracht wurden. In zwei Stuben waren die Öfen neu aufzusetzen, ebenso der Secht-und Backofen im Waschhaus , wo auch der Boden mit Küchenplatten zu belegen war. Gegen den Garten gab es einen neuen Schopf und schliesslich einen neuen Gartenhag aus Holzlatten. Bereits 1752 standen erneut Reparaturen an, insbesondere im Wasch-und Backhaus, im Keller, in der Scheune und der Bestallung. 1757 wird, nebst anderen Reparaturen eine "neuerbaute Stube" im Pfarrhaus erwähnt, ohne dass diese zu lokalisierten wären.

1763 gab es neue Fenster in der Wohnstube und im "Museo", wohl der Studierstube, im letzteren auch einen neuen Ofen samt Kamin. Allerdings wurde der derzeitige Pfarrer Nüscheler angewiesen, auf die "böhmischen Gläser" für die Fenster zu verzichten, und die Fensterrahmen statt aus Nussbaumholz aus Eichenholz machen zu lassen. Überhaupt wurde er ermahnt, "alles und jedes auf eine dauerhafte und mindest kostbare Art bewerkstelligen zu lassen". Diese staatlich verordnete Sparsamkeit zieht sich wie ein Leitmotiv durch die Baugeschichte des Pfarrhauses.

Grundriss Pfrundbesitz, R. Steiner, 1833
Im April 1774 meldete Nüscheler den sehr schlechten Zustand des Holzhauses, einer "Anhänke gegen Wetterseite", sowie fällige Reparaturen im Waschhaus. Der Kostenvoranschlag für die Renovation des Holz- und Waschhauses" ging im April 1775 ein. Bereits im Mai folgte die Meldung, dass der Pfarrer das Holzhaus wegen Einsturzgefahr schon abgebrochen habe und im Dezember lag die Baurechnung vor. Nüscheler hatte offenbar diese Gelegenheit benützt, die eigene Vorstellungen von seinem Pfarrhaus zu realisieren. So ist überliefert, dass er 1776 ohne obrigkeitliche Bewilligung ein neues "Gemächli" ob dem Waschhaus und eine steinerne Treppe hatte bauen lassen, weshalb er zur Disziplinierung von der präsentierten Rechnung im Betrag von 888 Gulden nur deren 788 Gulden zurückerstattet bekam und zusätzlich die Auflage erhielt, auf seine eigenen Kosten das Gemächlein fertigzustellen, insbesondere die neuen Fenster noch anbringen zu lassen. Damit wollte und konnte sich Nüscheler bei seinem schmalen Einkommen nicht abfinden, und er bat 1781 zumindest um Vergütung der Ausstattungskosten für Vertäferung, Boden, Decke und Fenster des kleinen Gemachs, was jedoch abgelehnt wurde.

Weil es ihm bei dieser Rechnung so fatal ergangen war, wagte Nüscheler trotz geringer Kosten ohne Erlaubnis nicht, die wegen einem verfaulten Balken erfolgte Senkung des Küchenbodens beheben zu lassen. Hingegen wurde 1780 ein neuer Fussboden in der Stube gelegt und in der Küche ein Doppelfenster eingebaut.

Im Mai 1784 verlangte Nüscheler Instandsetzung der "unbewohnbaren" Studierstube, die wegen Ritzen und Spalten im alten Getäfer und schlecht schliessender Tür nicht zu erwärmen war. Ebenso bemängelte er das erneut undichte Dach. Die gewünschte Instandstellung des Täfers samt Anstrich erfolgte noch vor dem Winter; die anstehende Reparatur des Pfarrhausdaches hingegen betrachtete die Obrigkeit als Sache des Pfarrers . 1789 bat Nüscheler um Ausbesserung der früheren Mägdekammer, die "ungetäfelt sowie mit Plattenboden und schlechten Fenstern versehen, im Winter unausstehlich kalt" war; "wegen Anwachsens" seiner Familie musste er dort ein Paar seiner Kinder "installieren". 1791 erhielt das Pfarrhaus für 83 Gulden einen neuen Lattenhag um den Garten und bei der Mauer gegen die Strasse wurden für 22 Gulden die "vermoderten Sandsteindeckel" durch neue Steine aus Würenlos ersetzt. 1794 bat Nüscheler jun. um Reparatur des Schweinestalls.

Aus diesen Aufzeichnungen geht hervor, dass das Pfarrhaus am Ende des 18.Jahrhundert nicht wie heute nur aus dem Wohnhaus mit der für den Pfarrer notwendigen Studierstube und zahlreichen weiteren Zimmern bestand, die damals mehrheitlich mit bemaltem Täferwerk und auch mit einem eigenen Ofen ausgestattet waren. Erwartungsgemäss gehörte zum Pfarrhaus auch ein Oekonomietrakt mit Keller, Scheune und Stallungen, der im Laufe des 18. Jahrhunderts nach Westen mit einen Holzschopf mit Schweinestall erweitert wurde, ebenso mit einem weiteren Holzschopf nach Süden. An die Nordseite des Wohnhausteils und bündig mit dessen Ostseite war ein Wasch- und Backhaus angebaut, auf das ein Zimmer aufgestockt wurde; der Anbau wurde dadurch hoch und schmal und endete bei der heutigen Eingangstür. Eingefasst wurde die gesamte Liegenschaft durch einen Lattenzaun und eine mit Steinplatten abgedeckte Mauer zur Strasse hin.

Wohnhaus mit Oekonomietrakt 1800-1852

Der Übergang ins 19. Jahrhundert wurde markiert durch die politischen Umwälzungen der Helvetik. Die damals verordnete Abschaffung der alten Feudalzinsen führte im Kanton Zürich zu Finanzengpässen und in der Folgezeit zur Inventarisation des öffentlichen und privaten Grundbesitzes, auf dessen Werterhaltung sorgfältig geachtet wurde. Die vom Staat zu erhaltendenden Pfrundgüter wurden vom Bauinspektor regelmässig auf bauliche Mängel hin kontrolliert.

J.J.Kern, Pfarrhaus 1840, Ausschnitt Zeichnung
Der Kontrollbericht 1804/1805 hielt fest, dass im Pfarrhaus der Fussboden in Wohnstube und Alkoven dringend erneuerungsbedürftig sei, in Stall, Tenne und Heuboden die Böden repariert und das Tenntor ausgebessert werden müssten, ebenso das Dach über Haus, Scheune und Stall sowie jenes über dem Schweinestall und Holzschopf. Sodann war die ganze Giebelwand, wohl die Westwand des Stalls, "von dem Gevierten bis in den Gibel an allem Holzwerck von Schwellen, Pfosten, Riglen, Raffen und Ladenbeschläg ganz baufählig". Als weniger dringlich zurückgestellt wurde die Erneuerung des verfaulenden Balkens unter dem Küchenboden und andere kleinere Massnahmen wie die Neuaufsetzung des Ofens in der Studierstube, ein neuer Sitzofen und Feuerherd wohl für die Stube, sodann eine neue Tür zum Waschhaus sowie ein neuer Sechtofen für das Wäschekochen und eine Ausbesserung des Waschhausbodens. Da sich besonders am gemauerten Giebel des Wohnhauses gegen die Strasse Risse zeigten, wurde auch das Ausbessern und Weisseln des Mauerwerks an Haus und Gartenmauer in den Katalog der gelegentlichen Reparaturen aufgenommen; bei dieser Gelegenheit erfahren wir, dass das Wohnhaus von Anfang an nicht als ortsüblicher Fachwerkbau, sondern als Massivbau konzipiert war.

Die nachfolgenden Anzeigen von Bauschäden des damaligen Pfarrers Grob belegen, dass die Ausführung der notwendigen Reparaturen nur sehr zögerlich bewilligt wurde; noch im Bericht vom 9. Juli 1814 wurden bei einer neuerlichen Kontrolle die meisten Mängel erneut aufgeführt.

Das Hinausschieben notwendiger Reparaturen hatte gelegentlich unliebsame Folgen. So führte die bereits 1804/05 registrierte Senkung des Küchenbodens 1818 zu einem Beinahe-Unfall, den Pfarrer Germann wie folgt beschrieb:"Da ich mich in der Küche wusch, trat ich von ungefähr auf die eingesenkte Stelle. Da fielen gellernd zwei bis drey Backsteine in den Keller hinunter und nur mit Mühe konnte ich mich oben erhalten, dass ich die Reise nicht mitmache."

Grundriss 2. Stock, J. Meyer, 1845
1815 wurden diverse Reparaturen gemäss Mängelliste vorgenommen, insbesondere erhielten Wohnstube und Alkoven eine neue Täferung, die Studierstube endlich die Erneuerung des Ofens samt Reparatur der Feuermauer; zudem wurde eines Teil des Daches, den der Wind beschädigt hatte, geflickt. Aus einer späteren Nachricht ist zu erfahren ist, dass 1815-1825 fast alle Zimmer des Hauses neu vertäfert wurden. Zur grossen Enttäuschung von Pfarrer Germann war das neue Täferwerk noch 19 Jahre später nicht bemalt und zeigte "die rohe Holzfarbe, die aber je mehr und mehr ungeachtet sorgfältiger Reinigung ins widerlich Braune fällt". Den heute geschätzten warmen Holzton naturbelassenen Täfers empfand man in der ersten Hälfte des 19. Jahrhundert offensichtlich als roh und hässlich. Im Dezember 1834 und wieder im April und September 1837 bat deshalb Germann erneut um Anstreichung der tannigen Täfer mit Oelfarbe, das letzte Mal legte er auch gleich die Offerte eines Malers bei. Zwar hatte der Bauinspektor die Liegenschaft am 27. Oktober 1837 inspiziert, die Täferbemalung aber erneut hinausgeschoben mit Ausnahme eines Nebenzimmers, wo sich Kalkflecken ausmachen liessen. Für die Türen aussen, Wohnboden und Treppengeländer verordnete er einen Anstrich mit Nussbaumfarbe; diese Arbeiten wurden auf die Budgetliste von 1838 gesetzt. Die Zimmerfenster waren mit Vorfenstern und Jalousien ausgerüstet; eine Ausnahme bildeten die spätgotischen vier nebeneinanderliegenden Fenster in der Wohnstube, für die "wegen Hindernissen in der Beschaffenheit der Lichter", also wegen technischer Probleme, Storen empfohlen wurden.

Am 19. Mai 1836 meldete Germann, dass der alte Stubenofen mit dem Backrohr des verstorbenen Hafnermeisters Brunner trotz zweimaliger frischer Aufsetzung von der Feuerungskontrolle als feuergefährlich eingestuft wurde. Diese hielt fest, dass "wenn dieser Ofen in einer Bauernstube stände und man nicht wüsste, dass hier zum Feuer Sorge getragen werde, so hätte er schon längst aberkannt werden müssen". Im Spätjahr 1836 war der neue Ofen dann doch gesetzt, aber er war, wie Germann unzufrieden bemerkte, von ganz rauhen und braunen Kacheln.

Am 14. September 1840 bat Germann um Einbau einer Pflasterdecke in derjenigen Kammer im Erdgeschoss, die unmittelbar unter dem damaligen Besuchszimmer lag. Durch die Fugen des einfachen Fussbodens drang "so viele Kälte von unten herauf, dass es beinnahe unmöglich ist, das bedeutend grosse Zimmer selbst bei zweimaliger täglicher Beheizung in solcher Temperatur zu erhalten, dass man nicht frieren muss". Diese Bemerkung verstärkt den aus ähnlich lautenden Quellentexten gewonnenen Eindruck, wie wenig komfortabel damals die Wohnsituation im Winter selbst im Pfarrhaus war und auch wie sparsam damals geheizt wurde.

Grundriss 1.Stock, J. Meyer, 1845
Der vorherrschende Brennstoff war Holz und entsprechend wichtig war ein genügender Vorrat für den Winter. Es ist deshalb verständlich, dass Germann im November 1839 Klage darüber führte, dass ihm aus dem an die Scheune angebauten Holzschopf, der von einer Seite nicht verschliessbar war, mehrmals "in frecher Weise" Holz entwendet worden war, weshalb er eine abschliessbare Tür verlangte. Ende Januar 1840 doppelte er nochmals nach, weil er es absurd fand, dass "der Pfarrer seinen Holzbedarf selbst ankaufe, um sich denselben theilweise wieder entwenden zu lassen", worauf ihm die Baubehörde einen einfachen "Lattengatter und zwar in möglichst billigem Preis" bewilligte.

Die Scheune selbst war gemäss Schreiben Germanns am 15. Juni 1834 nicht mehr in gutem Zustand. Sie war gegen Westen "über dem Holzschuppen statt mit einer Giebelmauer, bloss mit einer einfachen Bretterwand geschlossen" und nun samt "dem innerhalb liegenden Riegelwerk" durch den Regen ganz verfault"; ohne Reparatur drohte auch einem ganz neuen Bretterboden und einer zunächst liegenden Treppe dasselbe Schicksal.

Am 3. Oktober 1845 wurde die Erstellung einer steinernen Freitreppe auf dem Vorplatz des Pfarrhauses nach einer Zeichnung von Steinhauer Reidhaar in Würenlos beschlossen und noch vor Ende gleichen Jahres ausgeführt, nachdem Germann am 19. Juni 1845 gemeldet hatte, dass das Holzgeländer zu den alten beiden kleinen Treppen nun komplett zerfallen war. Zu Beginn des Jahres 1849 wurden Verbesserungen an der neuen Freitreppe vorgenommen, ebenso wurden das Trottoir und der Vorplatz gegen Norden gekiest.

Neue Erkenntnisse über den Nordanbau

Aus einer Schadenmeldung vom März 1819 geht hervor, dass das Waschhaus mit dem derzeit als Gaststube benützten Zimmer darüber an das Pfarrhaus angebaut war und über ein eigenes Dach verfügte, das nun vom Sturm so arg beschädigt worden war, dass es herabhing und vom Pfarrer provisorisch von der Strasse her abgestützt werden musste.

Entwurfsskizze zum Treppenhausanbau, 1821
Weil die Treppen in und vor dem Haus in dem "allerschlechtesten Bauzustand" und der Eingang des Hauses so beschaffen war, dass " von der nördlichen Seite Luft und Kälte gerade gegen die Stubenthür" eindringen konnten, empfahl der Bauinspektor am 19. Mai 1821 den Bau eines neuen eigenen "Stägengehäus in gleicher Linie mit dem Waschhaus Gebäude. Nach Lit. a,b,c [der angefügten Skizze] mit gebrochenen Treppen, wo auf den Ruhe-oder Kehrplatz der Eingang in den Abtritt gehen würde". Gleichzeitig schlug er auch den Einbau einer neuen, dritten Stube im zweiten Stock vor. Die Stube und das "gerigelte Stägen Gehäuse" mit den neuen Treppen und, rechts davon, der Abtritt-Sammler wurden auf 1200 Gulden veranschlagt.

Das Treppenhaus, das 1821 genau nach Skizze westlich des Waschhauses realisiert wurde, sowie der schriftliche Hinweis auf die Lage des Waschhauses an der Strasse, seine Doppelstöckigkeit und das eigene Dach, belegen eindeutig, dass das alte Waschhaus ein Teil des heutigen Pfarrhaus-Nordanbaus ist. Dieser ganze Bauteil, der bis anhin wegen der über der Tür angebrachten Jahrzahl gesamthaft ins Jahr 1821 datiert wurde, ist somit in mehreren Bauphasen im Abstand von jeweils mehreren Jahrzehnten entstanden. Noch vor 1745 datiert das Waschhaus an der Nordostecke, das 1776 Pfarrer Nüscheler mit einem "Gemächli" aufstocken und bedachen liess; 1821 schliesslich, bündig an das alte Waschhaus anschliessend, folgte das neue Treppenhaus und der Abort. Der Anbau des neuen Treppenhauses und das alte Waschhaus wurden mit einem gemeinsamen Dach über einem neuen Fachwerkgiebel zusammengefasst und mit dem quer dazu verlaufenden Dach des Pfarrhauses verbunden.

Die mehrphasige Entstehungsgeschichte erklärt die auffälligen Merkwürdigkeiten dieses Bauteils. Die leicht trapezoid verlaufende Baulinie ist bedingt durch eine nicht ganz rechtwinklige Nordostecke des Waschhauses, das man seinerzeit wohl ziemlich freihändig angebaut hatte; durch die Anfügung des Treppenhauses " in gerader Linie" erhielt dieser kleine Fehler eine grosse Wirkung. Auch das Rätsel der ungleichen und unregelmässig angeordneten Riegel findet seine Lösung: Das kräftige Fachwerk, auf der Ostseite über dem hohen Mauersockel bis zur Dachtraufe reichend, und auf der Nordseite bis zur Mittelachse und unter das rautenförmig geriegelte Giebelfeld, markiert das noch im 18. Jahrhundert aufgestockte Zimmer; die auffällig Verstärkung des oberen Querriegels über diesem Zimmer wurde wohl 1821 zur Ausgleichung eines Höhenunterschiedes des neuen Treppenhaustraktes notwendig.

Grundrisse und Ansichten

Nordfassade, J. Meyer, 1845
Wohl im Zusammenhang mit der anstehenden Aufhebung des Klosters Wettingen wurde im September 1833 das Pfrundgut von der Züricher Baudirektion geschätzt und planmässig erfasst. Der Pfarrhaus-Grundriss bestätigt die aus den Quellen gewonnenen Erkenntnisse über die Konzeption des Pfarrhauses. Es folgte im wesentlichen dem in Otelfingen weitverbreiteten Typus des Vielzweckhauses mit Wohnhaus, Tenne und Stallungen unter einem durchgehenden Satteldach und giebelständig auf die östlich davon verlaufende Dorfstrasse [heute Hinterdorfstrasse] ausgerichtet. Den Ostteil bildete das Wohnhaus, das ganz in Mauerwerk aufgeführt war; zu interpretieren ist dies als architektonische Referenz an den hohen Rang des Pfarrers im gesellschaftlichen Gefüge des Dorfes. Im Westteil befand sich die geräumige Scheune und Stallung, an deren Westseite ein Schweinestallanbau aus Holz angefügt war; der Scheune und dem Schweinestall in der Südwestecke vorgelagert war zudem ein Hühnerhof. Südlich der Pfarrhausfassade, umgeben von Gartenmauer und Lattenhag, lag der Pfarrhausgarten, der westlich in den vom Pfarrhausweg zweigeteilten grossen Baumgarten mündete, mit einem freistehenden, im 19. Jahrhundert als Remise genutzten Speicher. An der ans nördliche Nachbargrundstück anstossenden Baumgartengrenze lstand noch 1840 in der Nordwestecke ein kleiner Pavillon, der gemäss einer Zeichnung von J.J.Kern wie ein Schildhäuschen aussah. Ebenfalls an dieser Grenze befand sich ein Bienenstand, während nördlich angrenzend zum Pfarrhausweg, vis-à-vis vom Eingang zum Schweinestall, eine Abfallgrube lag.

Im September 1837 wurde der Grundriss erneut erfasst ; in diesem Jahr erfolgten die Verhandlungen mit dem Kloster Wettingen, die 1838 mit der Ablösung der Kollatur abgeschlossen wurden . Auffällig ist, dass der südliche Pfarrhausgarten in der Zwischenzeit eine französisch anmutende Gartenstruktur mit symmetrisch ausgerichteten, eingefassten Gevierten und mit wohl gekiesten Wegen dazwischen erhalten hatte.

Nach dem Übergang des gesamten Pfrundbesitzes an den Kanton Zürich wurde das Pfarrhaus 1845 mit Grundrissen und Ansichten exakt dokumentiert. Damit wurde erstmals nicht nur das damalige äussere Aussehen des Pfarrhauses, sondern auch die innere Raumaufteilung festgehalten.

Südfassade, J. Meyer, 1845
Der augenfälligste Unterschied zu heute ist die langgestreckte Silhouette des Baukörpers durch die einstige Verbindung von Wohnhaus und Oekonomietrakt unter dem gemeinsamen Dach. Insbesondere auf der Nordseite verlor der Waschhausanbau etwas von seiner heutigen Dominanz und ordnete sich dem Bauganzen besser unter. Die äussere Gestaltung des Waschhauses mit gemauerter Sockelpartie und darauf aufgesetztem Fachwerk entspricht dem heutigen Zustand. Die Nordwand des Oekonomietraktes war, wie auch durch die Quellen bestätigt, aus Holz gezimmert mit einem grossen Scheunentor zur an den Wohnteil angrenzenden Tenne; lediglich im Bereich der Stallfenster rechts davon war eine kleine Wandpartie in Riegelwerk aufgeführt. Ebenfalls aus Holz war der Schweinestall und die westliche Giebelwand darüber.

Auf der Südseite setzte sich der Oekonomietrakt durch sein Fachwerk dekorativ vom Mauerwerk des Wohnhausteiles ab; auf ihn folgte der Holzanbau mit Schweinestall. Der Hühnerstall, auf dem Plan von 1837 noch eingezeichnet, ist hingegen verschwunden.

Beim Wohnhausteil fällt auf, dass auf der Südseite die heutige Gartentür mit ihrer Vortreppe noch nicht vorhanden war. Mit den zwei übereinanderliegenden spätgotischen Doppelfenstern mit Sandsteingewänden und je einem Fenster auf der Mittelachse des Wohnteils und symmetrisch dazu je zwei Fenster westlich davon, öffnet sich das Haus eindeutig nach Süden, hat hier somit seine vergleichsweise bescheidene Repräsentationsseite.

Ansicht mit Lukarne auf Ostseite, 1959
Verteilt über die ganze Länge des Daches, sowohl auf der Nord- wie auf der Südseite, waren je drei Schleppgauben aufgesetzt. Dazu kam südseitig etwa über den Doppelfenstern eine Lukarne. Diese führte einer Kammer im Dachgeschoss das notwendige Licht zu; eine weitere Kammer daneben wie auch die Futterkammer und der Dachboden erhielten Licht durch die Schleppgauben. Insgesamt wurde also der von der Strasse her sichtbare östliche Teil der Südseite gestalterisch leicht hervorgehoben.

Im Erdgeschoss befanden sich 1845, zugänglich über das Treppenhaus im nördlichen Waschhausanbau, in der Südostecke die Wohnstube mit angrenzendem "Cabinet", sowie drei Kammern und die Küche. Im ersten Stock, über dem Wohnzimmer lag die Studierstube mit einer damit verbundenen Kammer und einem Gastzimmer und zwei weiteren Kammern. Der Raum über der Tenne wurde gemäss Bezeichnung sowohl als Heuboden wie auch als Empfangslokal, der Raum im Holzanbau als Dachboden genutzt.

Man darf bei der rigiden Ausgabendisziplin der Zürcher Regierung wohl davon ausgehen, dass sich das Pfarrhaus von 1845 mit Ausnahme des Nordanbaus und der zwei Schopfanbauten nicht wesentlich vom Pfarrhaus von 1633 unterschied; aus den Quellen geht hervor, dass ohne Notwendigkeit kaum bauliche Veränderungen vorgenommen wurden.

Der Abbruch des Oekonomietraktes

Westseite mit Holzanbau v. 1853, 1959
Gemäss einem Bericht über den Zustand des Pfarrhauses wurde bereits 1837 ein Abbruch der Pfarrscheune erwogen, aber verworfen, weil befürchtet wurde, dass "nach Abtragung der Scheune die Gibelseite des Pfarrhauses der Reparatur bedürfte, und es sich nicht wohlschicken würde, den leeren Raum zwischen dem Pfarrhaus und der Grenze der Pfrundlokalität unbenutzt zu lassen. 1845 kam Pfarrer Germann darauf zurück und äusserte den Wunsch nach Abtragung des nutzlos gewordenen Bauteils. 1852 stellte der Bauinspektor fest, dass daran bedeutende Reparaturen vorgenommen oder dieselbe wieder gerissen und an deren Stelle ein neuer Holzschopf gebaut werden müsse." Im weiteren führte er aus, dass der Unterhalt für ein kleineres Gebäude günstiger käme als für die bestehende Scheune, die "seit dem Verkauf des Pfrundgutes keinen Nutzen und überhaupt keinen Zweck mehr hat", alt und baufällig wäre und bei deren Abbruch und Errichtung eines kleineren Holzschopfes an deren Stelle ein schönes Stück Gartenland gewonnen würde. Am 21. Juli gleichen Jahres verfügte die Baudirektion, dass die "alte und baufällige, an das Pfarrhaus Otelfingen angebaute Scheune, (...) wegzuschaffen und an deren Stelle ein neuer Holzschopf zu errichten" sei. Mit dem Abbruch und Neubau wurde Zimmermeister Binder in Otelfingen betraut. Nach Errichtung des neuen Schopfes wurde im März 1853 "durch diese Veränderung die Einzäunung des Pfarrgartens mittels eines Grünhages" notwendig. Das Pfarrhaus hatte somit 1853 im wesentlichen sein heutiges Aussehen erhalten, das in der Hofbeschreibung von 1859 wie folgt erfasst wurde: ein Wohngebäude mit einem angebauten Holzhaus, einem Baumgarten mit einem darin gelegenen Speicher mit Remise und Keller, einem Hofraum, einem Gemüsegarten.

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