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2. Geschichte und Baugeschichte 1598-1961Bereits 1598 waren offenbar genügend Mittel vorhanden, damit Sohn und Nachfolger Christoffel oder Christen Schlatter die heute noch bestehende Mühle mit integrierter Müllerwohnung bauen konnte. Konzeption wie Details des herrschaftlich wirkenden Gebäudes lassen auf Wohlhabenheit und gesundes Selbstbewusstsein des Erbauers schliessen, dessen Erfolg und soziales Prestige offensichtlich waren. Das Baujahr wurde nicht nur auf dem Kapitell der Fenstersäule in der Stube vermerkt, sondern auch auf dem Sturz über dem südseitigen linken Fenster-Paar des Obergeschosses. 6. Mühle Südseite, 2003
Gemäss dem 1684 nachgeführten Urbar des Klosters Wettingen bestand die Mühle damals aus Haus und Hofstatt, darinnen drey Mahlhufen und ein Rellen, samt Baum-und Krutgarten. Verner ein Schuren nechst an dieserem Hus oberhalb gelegen, sampt einer Trodten, darinnen auch ein Mahlhufen, item Ryby und Stempf samt allem darzu gehörigen Mülligschirr, mitt aller Freiheit unnd Gerechtigkeit". Der so beschriebene Umfang der Mühle ist weitgehend mit dem heutigen Bestand identisch. In der Tat durften Mühlen zur Sicherung ihrer Betriebsgrundlage bei Erbteilungen nicht aufgeteilt werden; die nachgeborenen Söhne wurden deshalb in der Regel mit Ländereien oder Häusern ausserhalb des Mühlebesitzes abgefunden. 7. Hofeingang Westseite, Speicher,Scheune
Der Nachfolger, Heinrich Schlatter (1715-1775), nahm wohl Umbauten am Mahlraum und Keller vor, zumindest lassen seine Initialen HE SH und die Jahrzahl 1755 auf dem Sturz des grösseren zum Mahlraum führenden Rundportals das vermuten. Es ist denkbar, dass er dieses Portal erhöhen und verbreitern liess, damit man mit Wagen in den Mahlraum fahren konnte. Möglicherweise erhielt zu der Zeit auch die Wohnstube ihre Täferung. 8. Scheune, gedeckter Gang, hofseitig, 1968
9. Scheune, gedeckter Gang, hofseitig, 2004
Gemäss dem letztem Urbar des Klosters Wettingen von 1798 bestand die Mühle Otelfingen seit dem 16. Jahrhundert unverändert aus einem mit drei Mahlgängen und einer Relle ausgerüsteten Haus, einer Hofstatt, einer Scheune mit Reibe- und Stampfmühle und einem weiteren Mahlgang, einer Trotte, sowie der übrigen Mühleausrüstung. Auch 1813 wird sie immer noch als "Mühlj und Mühlj-Gewerb, Haus und Hofstatt, Scheür und Bestallungen, Schweinestall und Krautgarten" mit der gleichen Mühle-Infrastruktur wie ehedem beschrieben. Neu ist hier lediglich der explizite Hinweis auf den Schweinestall und die Bestallungen. Auf die Herausforderung der Zeit reagierten die Müller von Otelfingen offenbar mit Investitionen in die Mühletechnologie einerseits und mit Diversifikationen andererseits. Noch im gleichen Jahr 1813 sind erstmals eine Sägerei und eine Gipsmühle erwähnt. Sie waren in einem eigenen, wohl hinter der Scheune liegenden Gebäude untergebracht, das bereits 1840 wieder "geschlissen" wurde. Fast gleichzeitig, 1841, wurde Reibe und Beinmühle, die seit alters her in der Scheune betriebene "Rybi und Stämpf", im Betrieb eingestellt. Diese auffällige Koinzidenz dürfte damit zusammenhängen, dass offenbar der damalige Müller, Johannes Schlatter, zusammen mit seinen Brüdern Salomon und Jakob die Mühlennebenbetriebe auszubauen gedachte. Da der bisherige Standort in der Mühlenscheune mit seinem antriebsschwachen, unterschlächtigen Wasserrad für den geplanten Ausbau wohl zu wenig effizient war und auch räumlich zu wenig Reserve hatte, zogen sie einen Neubau vor. Im Oberdorf, nicht sehr weit vom alten Standort hinter der "alten" Mühle entfernt, bauten sie ein neues Wohn- und Mühlengebäude mit einem angegliederten Säge- und Reibegebäude. Als Besitzer dieser neuen oder oberen Mühle waren 1841 die drei Brüder eingetragen.. Prioritär fertiggestellt worden war damals das nun mit einem oberschlächtigen Wasserrad ausgestattete Säge- und Reibegebäude, weil ja die Einrichtungen der "alten" Mühle abgelöst werden mussten, während für den eigentlichen Mühlebetrieb derzeit weder Wasserräder noch die übrige Mechanik vorhanden war. 1846 waren Bau und Einrichtung der oberen Mühle vollendet und eingetragener Alleinbesitzer war Salomon Schlatter; seine Brüder hatten sich aus diesem Betrieb wieder zurückgezogen. Aber auch in die "alte" Mühle war investiert worden. 1810, erstmals seit ihrem Bau 1598, wurde das Aussehen der Mühle signifikant verändert, indem an der Südwestecke ein doppelstöckiger kleiner Anbau in partieller Riegelbauweise errichtet wurde, der im Erdgeschoss als Waschhaus, im Obergeschoss als Wohnraum genutzt wurde; auf dem Türsturz zum Hof ist dieses Datum festgehalten. 10. Scheune und Trottanbau von Ost, 1968
Müller Johannes Schlatter war Eigentümer der Mühle und ihrer Einrichtungen. Das Wohnhaus und die Annexbauten, Scheune, Trotte und Keller, sowie Speicher mit Schweinstall teilte er mit Jacob Schlatter, der sich wohl mehr um die zur Mühle zugehörige Landwirtschaft kümmerte. 1869 gingen die Mühle und der hälftige Anteil an den Wohn- und Nutzbauten an die Erben von Müller Johannes Schlatter über. An ihn selbst erinnert der noch heute in der Mühlestube hängende Entlassungsschein von 1845, den ihm das Kavalleriekorps des Kantons Zürich nach zwölfjähriger Dienstzeit ausgestellt hat. Als neuer Mühlebesitzer wurde 1876 der als Untermüller bezeichnete Jakob Schlatter eingetragen, womit nun zwei Jacobe nebeneinander in der Mühle lebten, wohl Neffe und Onkel. Sie liessen 1880 das alte Speicher- und Schweinestallgebäude abbrechen. Ersetzt wurde es durch das heute noch bestehende freistehende Schopfgebäude mit Schweineställen und einer Kammer im ersten Geschoss. Eigentümer je zur Hälfte waren Untermüller Jakob Schlatter und Jakob Schmid, der seit 1890 eingetragener Besitzer der oberen Mühle war, was auf eine fortbestehende Kooperation zwischen den beiden Mühlen hindeutet. 1901 erhielt die Westfassade der Mühle einen Holzschopfanbau, gleichzeitig entstand an der Nordostecke ein Staubhausanbau. 1902 wurde Otelfingen an das Elektrizitätswerk Dietikon angeschlossen. Auch die Mühle wurde von 1910 bis 1939 schrittweise elektrifiziert; bis zum Kriegsausbruch 1939 wurde parallel dazu auch die Wasserkraft weitergenutzt. Noch vor 1922 wurde der alte Mahlstuhl durch einen an die Westmauer anstossenden grossen Querteil erweitert. 11. Scheune von Ost, 2004
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