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Otelfingen, Das Haus zur Brauerei. Ein Stück Wirtshaus- und Brauereigeschichte

3. Welches Haus war das Neuhaus?

Hans Rudolf Bopp, der mit der Müllerstochter Anna Schlatter eine Frau aus wohlhabendem Hause geheiratet hatte, verkaufte am 21. Januar 1805 nach dem Tode des Schwiegervaters Jacob Schlatter in ihrem Namen zwei Häuser mit Scheunen, Ställen und einem gewölbtem Keller samt Wasserrechten am Mühleweiher an Gemeindeammann Heinrich Surber zum stattlichen Preis von 4587 Gulden. Selbst nach Abzug von 2180 Gulden Schulden war die Kasse von Hans Rudolf Bopp damit für den Ankauf des halben Althauses und der Zehntenscheune offenbar ausreichend geäufnet.

8. Hof mit dem Namen «Neuhaus», Ende 19. Jh.
Am 27. Januar 1816 erwarb Hans Rudolf Bopp auch die andere Hälfte des Althauses mit dem anderen halben Speicher und dem achten Teil der Trotte «bey des Käufers schon besessenen Hälfte Behausung zu hin liegend. Das Ganze stosse 3er Orten an Käufer, und 4tens an Ebendenselben»; dazu gehörten der übliche Baum- und Krautgarten und Landwirtschaftsland. Damit gehörte ihm nebst der Zehntenscheune auch das ganze zum Wyhlenhof gehörige Althaus mit Speicher, 2/8 Trottenanteile und Umschwung; als Assekuranznummern eingetragen waren beim Haus die Nr. 35a, beim Speicher mit dem gewölbten Keller die Nr. 35b und bei der Trotte die Nr. 34e. Da der Zehntloskauf vom Kloster Wettingen noch nicht erfolgt war, war der neue Besitz noch belastet mit Abgaben an Wettingen und in geringerem Masse auch an das Kloster Fahr, an die Pfrund Otelfingen und das Spitalamt Baden. Der Verkäufer des Althauses, Hans Jacob Bopp, kaufte gleichentags eine Liegenschaft im Unterdorf.

Dieser ganze Grundstückhandel hängt zweifellos zusammen mit der gleichentags erfolgten Auflistung der Liegenschaften, die Hans Rudolf Bopp von seinem Vater Johannes Bopp erben konnte. Dank den beigefügten Assekuranznummern bei Wohnhaus (34a), Waschhaus (34b), Speicher (34c). Trotte (34d) und Speicher mit gewölbtem Keller (34e) werden diese Bauten identifizierbar : Es handelte sich um das grosse Bauernhaus und seine Nutzbauten schräg vis-à-vis des Hauses zur Brauerei, das Haus also, das 1993 völlig niedergebrannt ist, und an dessen Stelle heute ein Mehrfamilienhaus steht. Festzuhalten ist, dass die Trotte, von der Hans Rudolf Bopp mit seinem Kauf des Althauses 2/8 Anteile von Hans Jacob Bopp miterworben hatte, ebenfalls zum Wohnhaus 34a gehörte; die andern 6/8 Anteile gehörten zu seinem väterlichen Erbe.

9. Hof mit dem Namen «Neuhaus», östl. Giebelfeld, Initialen HB des Erbauers mit Wappenstern und Baudatum 1754
Der Erblasser Johannes Bopp (*1754) ist im Haushaltungsrodel von 1787 unter Haus Nr. 44 als Sohn des Heinrich Bopp (*1722), genannt Felix Adamen im Neuhaus, aufgeführt. Er heiratete 1774 eine Anna Barbara Keller und hatte mit ihr fünf Kinder, vier Mädchen und einen Buben, den Hans Rudolf (*1780). Da bei letzterem auch die Hochzeit mit Anna Schlatter von der Mühle nachgeführt wurde, ist klar, dass es sich bei ihm um den späteren Käufer der Zehntenscheune und des Althauses handelt.

Nicht das Haus zur Brauerei, das Hans Rudolf Bopp anstelle der alten Zehntenscheune erbaut hatte, sondern dieses Haus Nr. 34a war also das Neuhaus, das Heinrich Bopp und nach ihm auch seinem Sohn und Enkel den Namenszusatz «im Neuhaus» gab. Die Daten 1742 auf dessen Stirnbalken und 1754 im Ostgiebel definieren seine Entstehungszeit und die Initialen H[einrich].B[opp] mit dem sechsarmigen Bopp-Stern seinen Erbauer.

Es ist anzunehmen, dass die Familie Bopp Felix Adamen ursprünglich in dem einen zum Wyhlenhof gehörigen Haus wohnte - ein zweites war ja bereits 1736 abgebrochen worden. Erst als Heinrich in unmittelbarer Nachbarschaft das neue Haus oder «Neuhaus» erbaut hatte, erhielt das Wyhlenhofhaus den Namen «alt Haus» oder «Althaus». Das noch strohgedeckte Althaus war aber offenbar nicht nur im Gegensatz zum Neuhaus, sondern auch an Jahren alt: Hans Rudolf Bopp liess es 1816 abbrechen. Damit verschwinden auch die Namenszusätze Althaus und Neuhaus. Erst 1875 entstand an Stelle des Althaus neu ein Produktionsgebäude der Brauerei. Vom Abbruch verschont blieb der zum Althaus gehörige freistehende Speicher mit dem gewölbten Keller. Er ist heute integriert in die an die Nordseite des Hauses zur Brauerei angebaute Bautenreihe, klar identifizierbar durch die noch recht gut lesbare alte Assekuranznummer 35b. Darunter, undeutlich sichtbar eingekerbt, ist die Jahrzahl 1720, womit der Speicher als ältester Teil der ganzen Baugruppe rund um das Haus zur Brauerei ausgemacht werden kann.

10. Haus zur Brauerei, Eingang zum Speicher mit Assekuranznummer 35b und Datum 1720
Fazit: Das Haus zur Brauerei wurde 1811 von Hans Rudolf Bopp auf dem Areal der in diesem Jahr abgerissenen Zehntenscheune des Spitalamtes Baden neu erbaut und zwar als Wohnhaus und Scheune; es ist somit in einem Guss entstanden, wenn auch nicht auszuschliessen ist, dass Baumaterial von der abgerissenen Scheune wiederverwendet wurde.

Der Bauherr Hans Rudolf Bopp hatte zudem in zwei Schritten von nahen Verwandten, beide mit Namen Hans Jacob Bopp, das hinter der Zehntenscheune liegende Althaus mit zugehörigem Speicher samt Umschwung sowie 2/8 Anteilen an einer Trotte erworben. Das Althaus brach er 1816 ab, ein Nachfolgebau entstand dort erst 1875. Der mit der Jahrzahl 1720 markierte Speicher blieb stehen und ist ein heute Teil der Anbauten gegen Norden und ältester Teil der ganzen Baugruppe. Die Trottenanteile bezogen sich auf eine Trotte, die mehrheitlich zum väterlichen Erbe gehörte.

Hans Rudolf Bopp hatte mit dem Kauf des Althauses seinen Besitz insbesondere nach Norden und Westen grosszügig arrondiert. Zusammen mit dem Neuhaus südlich der Strasse gehörte ihm ein beachtliches und zusammenhängendes Dorfstück.

11. Zum Alt-und Neuhaus gehörige Trotte, vor dem Abbruch 1983
Der Namenszusatz «im Neuhaus» bezog sich ursprünglich nicht auf das Haus zur Brauerei respektive den vormaligen «Gasthof zum Neuhaus», sondern auf das Bauernhaus schräg vis-à-vis mit der alten Assekuranznummer 34a. Es war von Hans Rudolf Bopps Grossvater Heinrich erbaut worden, welcher danach Heinrich Bopp Felix Adamen im Neuhaus oder auch nur Heinrich Bopp im Neuhaus hiess. Der gleiche Namenszusatz wurde auch für die weiteren Bewohner dieses Hauses verwendet, nämlich Heinrichs Sohn Johannes und Enkel Hans Rudolf; bis zum Abriss des Althauses 1816 konnten sie dadurch von den Boppen genannt Felix Adamen im Althaus oder nur «im Althaus» unterschieden werden. Der Name «Neuhaus» war somit die Herkunftsbezeichnung des Erbauers und bezog sich nicht auf den Neubau des Hauses zur Brauerei. Wann der Name «Neuhaus» auf das Haus zur Brauerei übertragen wurde, ist noch zu untersuchen.

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